Akkordfolgen – Warum manche Songs so ähnlich klingen
Teil 5 der Serie „Musiktheorie“ – Das Geheimnis der Hits entschlüsselt
In diesem Beitrag lernst Du:
- Warum die I-V-vi-IV Progression in so vielen Hits steckt
- Die 5 wichtigsten Akkordfolgen der Popmusik
- Wie du mit nur 4 Akkorden hunderte Songs spielen kannst
- Das Geheimnis von Spannung und Auflösung
- Eigene Akkordfolgen komponieren
Das „4-Akkorde-Phänomen“
Hast du dich schon mal gefragt, warum so viele Songs ähnlich klingen? Die Antwort ist verblüffend einfach: Die meisten Popsongs verwenden dieselben Akkordfolgen!
Der berühmteste „4-Chord-Song“:
Mit nur 4 Akkorden kannst du diese Hits spielen:
- „Don’t Stop Believin'“ (Journey)
- „Someone Like You“ (Adele)
- „With or Without You“ (U2)
- „Let It Be“ (Beatles)
- Hunderte weitere…
Die magische Formel: I-V-vi-IV
Die I-V-vi-IV Progression – Der König der Akkordfolgen
In C-Dur:
- I = C-Dur (Tonika – Zuhause)
- V = G-Dur (Dominante – Spannung)
- vi = A-Moll (Moll-Parallele – Emotion)
- IV = F-Dur (Subdominante – Bewegung)
Warum funktioniert das so gut?
Die emotionale Reise:
- C-Dur (I): „Hier bin ich, alles ist gut“
- G-Dur (V): „Etwas passiert, Spannung baut sich auf“
- A-Moll (vi): „Gefühle kommen hoch, wird emotional“
- F-Dur (IV): „Bewegung, will zurück nach Hause“
Dann wieder von vorn – ein perfekter emotionaler Kreis!
Die Top 5 Akkordfolgen der Popmusik
1. I-V-vi-IV („Pop-Progression“)
In C-Dur: C – G – Am – F Beispiele:
- „Don’t Stop Believin'“ (Journey)
- „Someone Like You“ (Adele)
- „Poker Face“ (Lady Gaga)
Charakter: Optimistisch, anthemisch, eingängig
2. vi-IV-I-V („Sad Pop“)
In C-Dur: Am – F – C – G Beispiele:
- „Complicated“ (Avril Lavigne)
- „Basket Case“ (Green Day)
- „What’s Up“ (4 Non Blondes)
Charakter: Melancholisch startend, dann aufhellend
3. I-vi-IV-V („50s Progression“)
In C-Dur: C – Am – F – G Beispiele:
- „Stand By Me“ (Ben E. King)
- „Every Breath You Take“ (Police)
- „Blue Moon“ (Klassiker)
Charakter: Klassisch, nostalgisch, Doo-Wop
4. I-IV-vi-V („Folk-Pop“)
In C-Dur: C – F – Am – G Beispiele:
- „Let It Be“ (Beatles)
- „Hey Soul Sister“ (Train)
- Viele Folk-Songs
Charakter: Warm, einladend, gemütlich
5. vi-V-IV-V („Moll-Drama“)
In A-Moll: Am – G – F – G Beispiele:
- „Stairway to Heaven“ (Led Zeppelin, Intro)
- „House of the Rising Sun“ (Animals)
Charakter: Episch, aufbauend, cinematisch
Akkordfolgen in verschiedenen Tonarten
Die Schönheit: Dieselbe Progression funktioniert in jeder Tonart!
I-V-vi-IV in verschiedenen Tonarten:
G-Dur: G – D – Em – C
D-Dur: D – A – Bm – G
A-Dur: A – E – F#m – D
E-Dur: E – B – C#m – A
F-Dur: F – C – Dm – Bb
Tipp: Lerne diese Progression in 2-3 Tonarten – dann kannst du mit fast jedem Sänger spielen!
Spannung und Auflösung verstehen
Warum funktionieren diese Progressionen?
Das Geheimnis liegt in Spannung und Auflösung:
Stabile Akkorde (Ruhe):
- I (Tonika): Vollständige Ruhe, „Zuhause“
- vi (Moll-Parallele): Emotionale Ruhe
Spannungsakkorde (wollen weiter):
- V (Dominante): Will zur I zurück
- IV (Subdominante): Will sich bewegen
Die emotionale Achterbahn:
C – G – Am – F:
- C: Ruhe → G: Spannung → Am: Emotionale Entspannung → F: Bewegung → (zurück zu C)
Diese Achterbahn macht süchtig!
Akkordfolgen analysieren
Übung: Bekannte Songs analysieren
„Don’t Stop Believin'“ (Journey):
- „Just a small town girl…“ = C – G – Am – F
- Stufen: I – V – vi – IV
„Someone Like You“ (Adele):
- „I heard that you’re settled down…“ = A – E – F#m – D
- Stufen: I – V – vi – IV (in A-Dur!)
„Let It Be“ (Beatles):
- „When I find myself in times of trouble…“ = C – F – Am – G
- Stufen: I – IV – vi – V
Erkennst du das Muster?
Erweiterte Akkordfolgen
6-8 Akkord Progressionen:
„Wonderwall“ (Oasis): Em – C – D – G – Em – C – D – G Stufen: vi – IV – V – I (in G-Dur)
„Hotel California“ (Eagles): Bm – F# – A – E – G – D – Em – F# Komplexere Progression mit Dur/Moll-Wechseln
„Stairway to Heaven“ (Zeppelin, Anfang): Am – C – D – F – Am – C – D – F Stufen: i – III – IV – VI (in A-Moll)
Akkordfolgen kreativ verändern
1. Akkorde ersetzen
Original: C – G – Am – F Variante: C – G – Em – F (Am durch Em ersetzen) Effekt: Weniger melancholisch, heller
2. Reihenfolge ändern
Original: C – G – Am – F Variante: Am – F – C – G (vi-IV-I-V) Effekt: Startet melancholisch, endet optimistisch
3. Zusätzliche Akkorde einfügen
Original: C – G – Am – F Erweitert: C – G – Am – Em – F – G Effekt: Mehr Bewegung, komplexer
4. Mit Moll-Parallel variieren
Original: C – G – Am – F
Variante: Am – Em – F – Dm Effekt: Komplett in Moll, sehr emotional
Akkordfolgen für verschiedene Stimmungen
Fröhlich/Optimistisch:
- I-V-vi-IV: C – G – Am – F
- I-vi-IV-V: C – Am – F – G
- I-IV-V-I: C – F – G – C
Melancholisch/Nachdenklich:
- vi-IV-I-V: Am – F – C – G
- i-VII-VI-VII: Am – G – F – G
- vi-V-IV-V: Am – G – F – G
Spannend/Dramatisch:
- i-iv-VII-III: Am – Dm – G – C
- i-V-iv-i: Am – E – Dm – Am
- I-iii-vi-IV: C – Em – Am – F
Entspannt/Folk:
- I-IV-vi-V: C – F – Am – G
- vi-IV-I-V: Am – F – C – G
- I-V-vi-vi: C – G – Am – Am
Praktische Übungen
Übung 1: Die „Big Four“ meistern
Lerne diese 4 Akkorde perfekt: C – G – Am – F
- Spiele sie langsam hintereinander
- Übe saubere Akkordwechsel
- Experimentiere mit verschiedenen Schlagmustern
- Spiele sie in Loop (immer wieder)
Übung 2: Transponieren
Spiele I-V-vi-IV in verschiedenen Tonarten:
- C-Dur: C – G – Am – F
- G-Dur: G – D – Em – C
- D-Dur: D – A – Bm – G
Übung 3: Songs identifizieren
Höre diese Songs und erkenne die Akkordfolgen:
- „Don’t Stop Believin'“ (Journey)
- „Let It Be“ (Beatles)
- „Someone Like You“ (Adele)
Übung 4: Eigene Progressionen erfinden
Basis: I-V-vi-IV (C-G-Am-F) Variationen:
- Ändere einen Akkord: C-G-Em-F
- Ändere die Reihenfolge: Am-F-C-G
- Füge einen Akkord hinzu: C-G-Am-Em-F-G
Häufige Fragen
„Warum verwenden so viele Songs dieselben Akkordfolgen?“
Antwort: Diese Progressionen funktionieren emotional perfekt! Sie erzeugen Spannung und Auflösung in einer Art, die unser Gehirn als „richtig“ empfindet.
„Ist das nicht langweilig, immer dieselben Akkorde?“
Antwort: Nein! Melodie, Text, Rhythmus und Arrangement machen jeden Song einzigartig. Die Akkordfolge ist nur das Fundament.
„Wie finde ich heraus, welche Akkorde in einem Song gespielt werden?“
Antwort:
- Bestimme die Tonart
- Höre auf den Bass (meist der Grundton)
- Probiere die häufigsten Progressionen
- Nutze Apps wie „Chordify“ oder „Ultimate Guitar“
Deine Akkordfolgen-Werkzeugkiste
Nach diesem Artikel hast du: ✅ Die 5 wichtigsten Pop-Akkordfolgen
✅ Das Verständnis für Spannung und Auflösung
✅ Die Fähigkeit, Songs zu analysieren
✅ Werkzeuge, um eigene Progressionen zu erfinden
✅ Das Wissen, warum manche Songs so eingängig sind
Zusammenfassung
Akkordfolgen sind wie musikalische Geschichten:
- Jeder Akkord hat eine Rolle (Ruhe, Spannung, Emotion, Bewegung)
- Die Reihenfolge erzeugt emotionale Verläufe
- Dieselben Patterns funktionieren in allen Tonarten
- Mit wenigen Akkordfolgen kannst du hunderte Songs verstehen
- Du kannst diese Patterns für eigene Musik verwenden
Du bist jetzt kein Akkorde-Sammler mehr – du bist ein Geschichtenerzähler mit Akkorden!
Was kommt als Nächstes?
Im nächsten und letzten Teil unserer Serie schauen wir uns die Pentatonik an – den Schlüssel zur Improvisation und zum Solospiel!
➡️ Nächster Beitrag: Die Pentatonik – Der Schlüssel zur Improvisation
Deine Aufgabe bis zum nächsten Mal
Täglich 15 Minuten:
- Meistere die I-V-vi-IV: C-G-Am-F bis es automatisch geht
- Lerne eine neue Tonart: G-D-Em-C (dieselbe Progression in G-Dur)
- Analysiere einen Song: Nimm einen Lieblingssong und finde die Akkordfolge
- Erfinde eine Variation: Ändere einen Akkord in der Progression
Challenge: Komponiere eine 8-taktige Melodie über C-G-Am-F!
Welche Akkordfolge ist dein neuer Favorit? Hast du einen Song mit einer interessanten Progression entdeckt? Teile es in den Kommentaren!
Teil 5 der Serie „Musiktheorie“